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Irmelbronn und seine Herren

Zum erstenmal wurde Irmelbronn (Hirmilbrunnin), wie Unterweiler früher hieß, 1092 in einer Schenkungsurkunde des Werner von Kirchheim an das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen erwähnt:
Im Namen der ungeteilten Dreifaligkeit sei allen gegenwärtigen und zukünftigen Christigläubigen kund, daß ich, Werner von Kirchberg mit meiner Mutter Rachinza, an das Kloster des Hl. Erlösers,
das im Dorfe Schafhusen - wo der verehrungswürdige Siegfried als Abt der Herde Gottes vorsteht liegt, alles, was ich in den folgenden Orten an Eigentum besitze, übergebe: Pliezhausen, Bustinsulza (unermittelt), Tegirslat (Degerschlacht), Hirmil- brunnin (Unterweiler) und Flinswanging (Fleischwangen). Dies Eigentum ist alles an Ländereien, Wiesen, Weiden, Wäldern, stehendes und fließendes Wasser, bebaut und unbebaut ; jedes Eigentum ausgenommen, das dem Kriegsvolk gehört. Alles übrige aber, das sich auf jenes Gut bezieht, übergebe ich - wie gesagt - dem obengenannten Kloster für das Heil meiner Seele ; ebenso für meines Vaters und Mutters und aller meiner Ahnen Seelenheil ; und, da wir in Christus alle eins sind, für das Heil und die Ruhe aller verstorbenen Christgläubigen.

Damit aber diese Schenkung auf gerechte und solide Weise vollzogen werde, übergebe ich sie in die Hände Ottos von Kirchheim, unter der Bedingung freilich, daß es uns obliegt, sofern wir beide am Leben sind oder nach dem Tode eines Teils dem anderen, daß es in Rechts- und Verfügungsgewalt dem obengenannten Kloster frei zugeteilt und zugeschrieben wird. Auch das übergebe ich in die Hände Ottos von Kirchberg, daß ich es um meines Seelenheiles als Lebender ganz freiwillig meinem Herrn und Erlöser und allen Heiligen zum obengenannten Kloster absolut geben will.
Vollzogen im Jahre 1092, Indictio 15,6 am 7. Mai in Ulm in Anwesenheit des Herzogs Berthold des Älteren und des älteren Welfen und anderer Großen, die dort zu einer Unterredung  zusammengekommen waren. Die Zeugen dieser Angelegenheit sind die Grafen Hartmann von Kirchberg, Hartmann von Gerhausen, Hugo von Tübingen und viele andere Majores und Minores: Konrad von Württemberg, Mangold und sein Bruder Hermann von Rordorf, Albert und sein Bruder Beringar von Stubersheim, Berthold von Gögglingen, Berthold von Heudorf, Egelolfus von Ennabeuren.
Schließlich habe ich, Gieselbert, Presbyter an der Ulmer Kirche es treu geschrieben und unterschrieben. Amen.

Auch in anderen Urkunden des Klosters Schaffhausen aus dem 13. und 14. Jahrhundert taucht der Name Irmelbronn auf: In einem Privilegium des Papstes Alexander III. für das Kloster Allerheiligen
vom 25. Mai 1179 und in einem Zinsrodel von Allerheiligen aus dem Jahre 1253, in einer Verkaufsurkunde vom 24. Februar 1313 und in einem Verzeichnis der Einkünfte von Allerheiligen, aufgesetzt von dem Mönch Hernestus Camerarius aus Schaffhausen.

Im Jahr 1524 begannen in ganz Oberschwaben Bauernunruhen. Aufruhr und Gewalt drangen bis an die Grenzen der Grafschaft Kirchberg vor, doch die hiesigen Bauern zeigten wenig Verständnis für das
Anliegen ihrer Standesbrüder - vielleicht weil sie keinen Grund hatten, sich gegen die hier herrschende Obrigkeit aufzulehnen. Es kam zunächst zu keinen Kampfhandlungen, da auch die Herrschaft Kirchberg ihre Untertanen gegen plündernd herumziehende Bauernhaufen schützte. Am Abend des 20. März 1525 rückte dann eine Schar Bauern von Dellmensingen gegen Wiblingen vor, um das Kloster zu brandschatzen. Die Bauern lagerten im Gögglinger Wald. Da plötzlich läuteten um Mitternacht alle Glocken der Klosterkirche zur Matutin am Feste des Ordensgründers Benedikt, dem 21. März. Die Bauern erschraken und hielten das Geläut für Sturmglocken, die den zur Hilfe des Klosters heranziehenden Jörg Truchseß Von Waldburg den Weg weisen sollten. Als sie auch noch das Wiehern von Pferden vernahmen, die auf einer Koppel in der Nähe weideten, zogen sie sich fluchtartig zurück.
Das Schwäbische Bundesheer, das in Erbach ein Lager aufgeschlagen hatte, rückte am 11. und 12. April desselben Jahres über Gögglingen nach Baltrin-gen vor, trieb die Bauern unter erheblichen
Verlusten in die Wälder zurück und schlug den Aufstand nieder.

1618 brach der dreißigjährige Krieg aus. In seinen ersten Jahren wurde die Gegend um Weiler von durchziehenden Truppen und Einquartierungen verschont, aber die Auswirkungen des Krieges zeigten sich in einer großen Teuerung. Einige Familien wanderten nach Österreich aus. Im Juni des Jahres 1631 bezogen dann kaiserliche Truppen ein Lager bei Gög,glingen und im Januar 1632 zog der schwedische Oberst Patrik Ruthven mit seinen Truppen in Weiler ein. Menschen wurden mißhandelt, das Vieh weggetrieben und die Äcker verwüstet.
Bis zum Jahre 1634 hielten sich schwedische Truppen raubend, plündernd und brandschatzend in der Gegend auf. Sie trieben alles Zugvieh fort, so daß sich die Menschen selber vor den Pflug spannen Inußten, um wenigstens ein kleines Stück Land bebauen zu können. Die Hungersnot war schrecklich. Brot wurde größtenteils aus Baumrinde, Stroh und Heublumen gebacken, Pferde-, Hunde- und Katzenfleisch zählte zu den Leckerbissen.Nur das Kloster Wiblingen kam anfangs einigermaßen gut durch diese Zeit. Es war 1633 von König Gustav Adolf dem schwedischen General Joachim Wiclaf geschenkt worden, einem edel denkenden Mann, der die Mönche ». . . so halten wollte, daß Ihr ohne Klage sein werdet mit Kleidung, Speis und Trank. Doch laß ich keinen mehr annehmen. . . «
Wiclaf, der zum katholischen Glauben übergetreten war, fiel am 27. August 1634 in der Schlacht bei Nördlingen, in der die Kaiserlichen unter Kaiser Ferdinand siegten. 6000 Schweden kamen ums Leben ; die Reste des flüchtenden Heeres zogen sich zurück. Der Hunger aber blieb, zu allem Unglück brach im Sommer 1635 die Pest aus. Wie viele Menschen aus Weiler in diesen schrecklichen Monaten den Tod fanden, ist nicht genau bekannt. Da der Ort zur Pfarrgemeinde Unterkirchberg gehörte, gibt nur das dortige Sterberegister Aufschluß über die Höhe der Opfer. Die Pfarrgemeinde zählte damals zusammen mit den Filialen rund 1500 Seelen. In den Jahren bis 1632 wurden jährlich etwa 30 Sterbefälle eingetragen. 1633 waren es schon 106 ; 1634 bereits 164, und im Pestjahr 1635 sogar 650 Tote, und zwar »212 Tote durch die Pest, 204 Tote durch den Hunger, 17 Tote durch Unglücksfälle, 4 Tote durch Gewalt, und 213 Tote ohne näher bestimmte Todesursache. «
In Wiblingen, das damals 400 Einwohner hatte, starben 300 Menschen. Hinter diesen dürren Zahlen verbirgt sich namenloses Leid. Dies ist auch am Beispiel des Klosters Wiblingen dokumentiert: Alle
Patres, Prior Magnus Pfister und Abt Johannes III., starben in den Monaten Juli und August 1635. Nur der Laienbruder Gotthard Schall und der Novize Christoph Hasenfuß waren am Leben geblieben. Am 19. August schrieb Frater Gotthard unter die Reihe der eingetragenen Sterbefälle in die Chronik: »So ist, was nicht gleich anfangs der Schweden wegen vom lieben Gotteshaus weggezogen ist, an der Pest gestorben. Obige Personen habe ich alle zur Erde bestattet, ich armer Frater Gotthard.« Die Pest erlosch im Herbst 1635.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg wechselten wieder die Besitzverhältnisse in Weiler. Es gibt eine Schuldverschreibung aus dem Jahre 1674 des Johann Jacob Heroldt von Höflingen und Schönau und seinerFrau Anna Sabina, geborene Rodrnitzin, den »Inhaber  des vierten Teiles von Weiler« an das Gotteshaus von St. Michael zu den Wengen in Ulm.
Die Familie Heroldt von Höflingen und Schönau war katholisch, wie aus dieser Stiftung hervorgeht. Daß sie sich Heroldt von Höfflingen auf Schönau und Weyler nannte, geht aus zwei Mirakelberichten im Mirakel- und Bruderschaftsbuch von Wiblingen hervor. Beide tragen dasselbe Datum vom 23. April 1668, doch die Anliegen, weshalb sie sich an das Hl. Kreuz von Wiblingen gewandt hat, stammen aus den Jahren 1659 (schwere Geburt eines Sohnes) und 1667 Gehörverlust infolge großer Schmerzen).
Johann Jacob Heroldt hatte im Jahr 1672 eine »geistliche Stiftung« gemacht, welche, wie einem Bericht vom 7. Februar 1675 zu entnehmen ist, die »unkatholische Stiftung« des Sebold Lupin vom Jahr
1551 abgelöst hat. Daraus ist zu entnehmen, daß die Gottesdienste in der Kapelle zu Weiler ab diesem Zeitpunkt nach katholischem Ritus abgehalten wurden. Johann Jacob Herold starb am 24. September 1697. Die letzte Strophe auf seinem Grabstein lautet

»Zuletzt bitt ich gehe nicht vorbey
Und denk an die Herolden,
Daß Ihnen Gott Barmherzig sey
Den Himmel geb fürs bsolden. Amen«

Im Dunkel der Geschichte verbleibt jedoch der Verkauf des ehemaligen Lupin'schen Schlößchens an die Familie Herold und den weiteren Besitzern, denn am 6. Dezember 1925 wurde dieses Gebäude durch Brand zerstört. Auf dem Platz entstand das Wohnhaus Greutstraße 2.

Oberkirchberger Wappen

Oberkirchberger Wappen

In der folgenden Zeit waren die Geschicke des Ortes stark mit der Familie der Kirchberger Grafen und mit dem 1093 von den Brüdern Hartmann und Otto von Kirchberg gestifteten Kloster Wiblingen
verbunden.

Die ersten fünf Mönche des Klosters kamen aus der Abtei St. Blasien im Schwarzwald nach Wiblingen und lebten zunächst im zweiten Schloß der Stifter zu Unterkirchberg, bis der neue Klosterbau im Jahre 1099 vollendet und von Bischof Gebhard von Konstanz eingeweiht werden konnte.
Der erste Abt war Werner von Ellerbach, der 27 Jahre lang sein Amt erfüllte. Unter seiner Herrschaft wurde die sumpfige Waldlandschaft in der Umgebung des Klosters gerodet, sodaß sich bald mehr Menschen in der Nähe ansiedeln konnten.
Bis zum Jahre 1220 blieb die Schutzherrschaft über das Kloster in den Händen der Stifterfamilie. Nach dem Tod des letzten Kirchbergers, Wilhelm II., ging die Grafschaft auf seine Schwester Amalie über, die einen Grafen von Burgau heiratete. Dieser Ehe entstammte nur eine Tochter, Berta, die im Jahre 1226 Konrad I. von Wullenstetten heiratete, der dadurch Graf von Kirchberg wurde.
Der älteste ihrer drei Söhne soll ein überaus starker, aber auch tyrannischer Mann gewesen sein, der als Schrecken seiner Untertanen galt. Er soll an einem einzigen Tag in Oberkirchberg zwölf Männer
erwürgt haben. 1250 erwürgte er im Schloß zu Oberkirchberg seinen eigenen Vater.
Daraufhin wurde er von König Rudolf von Habsburg seiner Herrschaft enthoben und in Augsburg hingerichtet. Im Wappen der Kirchberger Grafen durfte seither statt der mit Talar und Krone gezierten Jungfrau nur eine schwarz gekleidete Mohrin geführt werden.
Die Grafschaft blieb weiterhin in den Händen der Kirchberger, obwohl das Gebiet durch Schuldenverschreibungen im Laufe der Jahre öfters geteilt wurde. 1271 wurde das Kloster Wiblingen, zu dem auch ein Nonnenkloster gehörte, durch einen Brand völlig vernichtet. Erst nach vier Jahren war der Neubau beendet.

Im Jahr 1739 erhielt Anton Graf Fugger vom Kloster Wiblingen ein Anlehen von 12 000 Gulden gegen Hypothek und Immission in dem nach Kirchberg gehörigen Anteil von Unterweiler. 1757 veräußerte Adam Franz Graf Fugger den Anteil an Unterweiler und einzelne Hofgüter zu Wochenau um 15 000 Gulden, abzüglich der oben erwähnten 12 000 Gulden an das Kloster Wiblingen. Damit war die Herrschaft der Fugger in Unterweiler beendet.

Das Selbstbewußtsein des Klosters zeigte sich nach außen auch durch den Neubau seiner Klosteranlage von 1714 bis 1759/60, deren krönender Abschluß der Bau der Klosterkirche von 1772-1781 unter Abt Roman Fehr bildete. Naturkatastrophen, Feuersbrünste und hohe finanzielle Belastungen durch Steuern und Kriegskontributionen brachten zwar Bauverzögerungen, doch durfte der Bauherr Abt Roman am 20. Oktober 1781 die feierliche Benediktion mit den Äbten von Ochsenhausen und Elchingen im Beisein vieler Gäste und des eigenen Kirchenvolks begehen. Nach dem Einzug in die
Kirche bestieg der damalige Konventprior Pater Amandus Storr die Kanzel und hielt die Festpredigt. Wir werden Pater Amandus Storr in einer Angelegenheit, die Unterweiler betrifft, noch begegnen. Nach der Resignation und dem Tod von Abt Roman war bei seinem Nachfolger Abt Ulrich IV. Keck noch der Ausbau der beiden Türme vorgesehen. Es verblieb jedoch bei den beiden über Eck gestellten
Turmstümpfen.Sie sind heute Zeugnis der außerordentlich schwierigen Lage, mit der sich die Klöster durch die sogenannten »Josephinischen Reformen« mit ihren einschneidenden Folgen im liturgischen Bereich konfrontiert sahen. Als Kaiser Joseph II. zur Aufhebung von Klöstern schritt, waren naturgemäß die Reichsprälaturen ausgenommen, doch Wiblingen, das diesen Status nicht besaß, mußte um sein Weiterbestehen fürchten. Hinzu kamen die Folgen der Französischen Revolution und der nachfolgenden Kriege. Einzelne Ordensleute aus aufgelösten französischen, elsäßischen und flandrischen Klöstern wurden für mehrere Jahre in Wiblingen aufgenommen. Später suchten Ordensleute aus Schweizer Klöstern, ja ein ganzer oberschwäbischer Frauenkonvent, Zuflucht und Schutz in Kloster Wiblingen. Es entstand eine räumliche und finanzielle Enge. Die Regel des Ordensgründers Benedikt verlangt, daß der Gast so behandelt werden solle wie Christus selbst, und sonahm der Konvent auch Einschränkungen in Speis und Trank während dieser Jahre auf sich.

Grabstein des Sebald Lupin

Grabstein des Sebald Lupin in der Kirche St. Antonius in Unterweiler. Inschrift: ,,Anno dm. MCCCCLVII (1557) starb der Ernvest Sebold Laupij stifter der predicatur."

Im November 1530 fand in Ulm die Abstimmung über die Einführung der Lehre Luthers statt. Matthäus Lupin stimmte »mit Vorbehalt«, der Grautu-cher Veit Fingerlin ohne einen solchen der
neuenGlaubenslehre zu. Matthäus Lupin der Ältere versuchte daher auf Grund seiner Rechte an Weiler den neuen Glauben dort einzuführen. Zusammen mit Sebald Gienger, seinem Zunftgenossen, beabsichtigte er im Jahr 1537 einen lutherischen Geistlichen in die alte Kapelle von Weiler einzusetzen. Dieses Vorhaben scheiterte am Eingreifen des Wiblinger Abtes Heinrich VI.
1538 erwarb Anton Graf Fugger, ein Neffe Jakob Fuggers des Reichen, von Sebold und Christoph Lupin um 3200 Gulden den halben Teil von Weiler mit drei Höfen, einem Erbgut, ein paar Sölden Acker, Hölzer und einem Garten mit Priel, Leibeigene und den Halbteil der Kapellenstiftung zu Weiler. Wie zuvor Matthäus Lupin, versuchte im Jahr 1549 Sebold Lupin den lutherischen Glauben in
Weiler zu verbreiten, indem er eine evangelische Prädikatur stiftete und 1551 eine neue Kapelle erbauen ließ. Der Einfluß von Kloster Wiblingen verhinderte jedoch auch dieses Vorhaben. Nach dem
Tod von Sebold Lupin war Weiler wieder ganz katholisch, denn es ist anzunehmen, daß die auf dem Lupin'schen Anwesen Beschäftigten der lutherischen Lehre beigetreten waren wie ihre Herrschaft, und wohl auch diejenigen der Familie Fingerlin. Der Grabstein Sebold Lupins in der Kirche St. Antonius erinnert an diesen Stifter.
Die Reformation hatte das Reich in zwei religiöse Lager gespalten. Da Verhandlungen zu keinem Ziel führten, versuchte Kaiser Karl V. die Einheit im Glauben mit Waffengewalt im Schmalkaldischen Krieg von 1546 zu erzwingen. Nach anfänglichen Siegen der Kaiserlichen glückte es den protestantischen Fürsten, Kaiser Karls Truppen zurückzudrängen. Im Verlauf dieser Kämpfe rückte der protestantische Markgraf Albrecht von Brandenburg über Augsburg und Weißenhorn im Frühjahr 1552 auf Ulm vor. Seine
Soldaten steckten Weiler und andere katholische Dörfer der Umgebung in Brand. Es ist nicht bekannt, wie groß die Zerstörungen und die Opfer an Menschenleben waren. Wahrscheinlich brannte dabei auch das Fingerlin'sche Schlößchen, denn bei späteren Umbaumaßnahmen wurden außer der schon genannten Jahreszahl im Fußboden des Erdgeschosses Brandspuren entdeckt. Wann der Wiederaufbau stattfand, muß weiteren Forschungen vorbehalten bleiben.
Nach dem Tod Sebold Lupins teilten sich nun drei Herren den Besitz von Weiler: Anton Graf Fugger und die Ulmer Fingerlin, Schleicher, später Herold als Nachfolger auf dem Lupin-Schlößchen. Ein Vertrag von 1617 zwischen den Inhabern der Grafschaft Kirchberg und des halben Teils von Weiler einerseits, und den Besitzern der anderen Hälfte von Weiler auf der andern, lautet u.a.
»Genannt (und siegeln) Philipp Eduard Fugger, Herr auf Weißenhorn, Christoph Fugger, Herr auf Mindelheim, als Vormünder der Söhne Oktavian Sekundus Fugger, Christoph und Ferdinand Fugger,
ferner Daniel, der alte Bürgermeister und Hans Ludwig Schad als Beiständer der Frau Katharina Schnöd geb. Schleicher, Ludwig Schnöds Witwe, alle von Ulm, und die Beiständer der Frau Barbara
Rosenber-ger geb. Schleicher. Christoph Rosenbergers Witwe: Johann Baptist Heinzel d. Ältere und David Christoph Conrad Sauter, Bürger zu Augsburg.« Die beiden Letztgenannten gaben am
gleichen Tag dem Dorf Unterweiler eine »Dorf- und Gemeindeordnung.«

1793 durchzogen Truppen des französischen Revolutionsheeres die Gegend um Unterweiler. Nach ihrer Niederlage durch den österreichischen Heerführer Erzherzog Karl plünderten sie den Ort
drei Tage hindurch, und die Bevölkerung kam während vieler Jahre nicht zur Ruhe. Am 17. Mai 1800 rückte der französische General Moreau mit fünftausend Mann in Wiblingen ein. Die kaiserliche
Armee und die Franzosen bezogen Lager um die befestigte Reichsstadt Ulm. Dabei wurde die Frucht auf den Äckern zertrampelt. Die Folge war Teuerung und Brotmangel, die als Augenzeuge Joh. Ludwig Kleemann (»Bloquade Ulms durch die Franzosen« ) sehr anschaulich schildert . . . »nicht so viel Schnittlauch war um die ganze Stadt herum zu finden als man nur für eine Portion Suppe gebraucht hätte.« Es trat eine große Dürreperiode ein, Waldbrände wüteten und die Donau führte kaum noch Wasser. Hinzu kam eine schreckliche Seuche, das »Nervenfieber«, das wöchentlich einhundert Tote forderte. In Unterweiler und den benachbarten Orten wurde wiederumgeplündert, mißhandelt, und die Brandfackel am Fischbachhof gezündet, wo zwei Scheunen niederbrannten.
Durch den Reichsdeputations-Hauptschluß mit Übergang von geistlichem Besitz an weltliche Herren wurde das Benediktinerkloster Wiblingen am 26. Dezember 1805 aufgelöst und kam zunächst an
Bayern, dann 1806 an das Königreich Württemberg. Es wurde Residenz des Königshauses mit Einzug Herzog Heinrichs von Württemberg im Jahre 1807. Aus dem »Kloster« wurde das »Schloß Wiblingen«. Nach dem Wegzug Herzog Heinrichs fünf Jahre später zogen Truppenteile der Garnison Ulm ein und hatten damit ihre »Schloßkaserne«.

Von der Aufhebung des Klosters waren 28 Patres (Priester), 4 Kleriker (fratres) und ein Laienbruder betroffen. Davon gingen zehn in die ihnen zugewiesene Benediktinerabtei Tiniez in Galizien (aufgehoben 1809) unter der Bedingung, daß die Patres am dortigen Gymnasium und an der nahegelegenen Universität Krakau sich als Professoren verwenden ließen. Darunter befanden
sich Abt Ulrich Keck, der als Kanonikus an der Kathedrale von Großwardein in Ungarn 1815 verstarb. Prior Gregor Ziegler, der seinem Abt nach Galizien gefolgt war, wurde Bischofvon Tarnow, dann 1827 Bischof von Linz, wo er 1852 verstarb. Pater Roman Zängerle stieg bis zum Fürstbischof von Seckau auf. Ein Teil des Konvents fand Verwendung als Ortspfarrer in der näheren
Umgebung, darunter auch der Prior aus der Kirchenbauzeit, Pater Amandus Storr, der die Pfarrei Unterkirchberg erhielt.

Bei der im August 1635 in Petershausen stattgefundenen Prälatenwahl war der seitherige Prior und Administrator des Klosters Reichenbach im Schwarzwald, Benedikt Rauh, dazu ausersehen, dem
Kloster Wiblingen als Abt vorzustehen.
Benedikt Rauh, der 1601 als Sohn eines vermögenden Uhrmachers und Ratsherrn in Leutkirch geboren wurde, hatte am 29. Juni 1616 die Ordensgelübde abgelegt. Nach dem Studium der Theologie in Dillingen wurde er 1622 zum Priester geweiht. Er war klein von Gestalt, doch groß an Tatkraft und Mut in dieser schwierigen Phase des Wiederanfangs. Da er 1639 von Kurfürst Maximilian von Bayern
zum Generalvikar seiner Truppen ernannt wurde, gelang es ihm, Kloster Wiblingen und wahrscheinlich auch dessen nähere Umgebung zunächst vor den schlimmsten kriegerischen Übergriffen zu schützen.
Im Herbst 1646 rückten dann die Schweden erneut in den süddeutschen Raum vor. Der gesamte Wiblinger Konvent unter Pater Damian Engel flüchtete nach Ulm, während die schwedischen
Kriegshorden im Kloster hausten und der Abt in seiner Mission als höchster Feldgeistlicher unterwegs war. Im Dezember desselben Jahres, als sich die Wiblinger Patres noch in Ulm aufhielten, rückten noch einmal schwedische Truppen ins Kloster ein, plünderten und legten Feuer. Hilflos beobachteten Pater Damian und seine Schutzbefohlenen vom Turm der Wengen-kirche aus den Brand. Niemand konnte von der Stadt aus dem Kloster zu Hilfe eilen, da die Illerbrücke abgebrochen worden war. Nur dem beherzten Schultheißen von Essendorf und Bauern aus Buch war es zu verdanken, daß nicht die gesamte Klosteranlage ein Raub der Flammen wurde. Zwei Jahre später fand dieser Krieg sein Ende.
Abt Benedikt Rauh, der zunächst das »kleine Benediktle« genannt wurde, starb am 31. August 1663. Er ist in die Klostergeschichte als »der große Abt Benedikt« eingegangen im Sinne eines zweiten
Gründers.

Flügel Hochaltar Ulmer Münster

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatte die Klosterzucht bei den Wiblinger Benediktinern stark nachgelassen. Doch dem energischen Abt Ulrich Hablüzel aus Weinstetten (1433-1473) gelang es,
seinen Konvent wieder zu den strengen Ordensregeln des Hl. Benedikt zurückzuführen. Vorsichtshalber trug er anfangs einen Panzer unter dem Mönchshabit.
Während seiner langen Regierungszeit hatte sich der Ruf von Kloster Wiblingen als »eine Akademie gelehrter Mönche, in der nicht nur griechische und lateinische Klassiker gelesen werden, sondern auch klösterliche Zucht und Frömmigkeit über allemsteht«, weit über die Landesgrenzen verbreitet. Salzburg, St. Lambert, die Reichenau und Klagenfurt erbaten sich Professoren und Gelehrte aus Wiblingen. Dies war vor allem ein Verdienst von Abt Heinrich VI. Hacker aus Weißenhorn, der als hochgelehrter Ordensmann bis 1527 seinem Kloster vorstand.

Nach mehrmaligem Wechsel der Herrschaftsverhältnisse, wobei sich die Grafen von Kirchberg als Schutzvögte Eingriffe in die Rechte von Kloster Wib-lingen erlaubten, mußte sich Abt Maurus Falkner gegen Ende des 17. Jahrhunderts um weltlichen Schutz umsehen. Nach mißlungenen Vergleichen begann er einen Ausscheidungsprozeß bei der österreichischen Regierung in Wien und Innsbruck, um endlich Frieden zu erhalten. Doch erst unter seinem Nachfolger Abt Modestus I, Huber, der aus Oberkirchberg stammte (1692-1739) fand dieser Prozeß sein Ende. Abt und Konvent hatten sich in
einer neunwöchigen Andacht zum Heiligen Antonius von Padua gewandt in diesem großen Anliegen ihres Klosters mit dem Versprechen, einen Altar in der neu angekauften Kapelle von Unterweiler zu errichten. Am 16. 4. 1701 wurde die Grenzberichtigung zwischen dem Kloster und der Grafschaft Kirchberg unterzeichnet. Kloster Wiblingen erhielt die Hohe Gerichtsbarkeit als eigener, von der Grafschaft Kirchberg unabhängiger vorderösterreichischer Mediatstand. Dem Abt wurde freigestellt, in den Reichsprälatenstand aufzurücken, doch er lehnte dies ab und blieb schwäbisch- österreichischer Landstand mit Sitz und Stimme in der Landständischen Versammlung zu Ehingen. Die Gemeinden Unterweiler, Donaustetten, Gögglingen, Stetten und Dellmensingen gehörten dazu. Bereits im Jahr danach, 1702 erwarb das Kloster die Fingerlin'schen Güter in Unterweiler, und vom Augustinerchorherrnstift St. Michael zu den Wengen in Ulm den Herold'schen Teil, doch auch die Fugger hatten dort noch Besitz.

Das Jahr 1702 war für Unterweiler unheilvoll. Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) standen die Bayern auf Seite Frankreichs. Am 8. September 1702 wurde Ulm von Bayern und Franzosen erobert, die umliegenden Ortschaften ausgeplündert. Auch Unterweiler hatte viel zu leiden. Da die Kriegskontributio-nen nicht bezahlt werden konnten, wurden die Felder, die im Besitz von Kloster Wiblingen waren, am 4. und 5. Mai 1704 von den Truppen des Bayerischen Kurfürsten Maximilian abgemäht, so daß jede Hoffnung auf Ernte damit vernichtet wurde. Mitte August fielen die Reste der vom Prinzen Eugen bei Höchstädt geschlagenen Truppen erneut in Unterweiler ein, plünderten und trieben das meiste Vieh weg. Erst als sich am 10. September die französischbayerische Besatzung ergab, zog Ruhe ins Land.

Die Besitzungen des Klosters Wiblingen, darunter auch Unterweiler, teilten das Schicksal ihres Territorialherrn. Die Huldigung an den württembergischen Landesherrn durch den Schultheißen und Bürgeraus-schuß erfolgte am 12. Oktober 1806. Auch die verwaltungsmäßige Zuständigkeit änderte sich. Unterweiler kam am 27. Oktober 1810 zum neu gebildeten Oberamt Wiblingen.
Am Rande des Kriegsgeschehens erlebte Unterweiler den Rückzug der geschlagenen Armee Napoleons im Herbst 1812, als die Scheune von »Geiseles Hof« (Sommer) Soldatenunterkunft bot. Einem französischen Soldaten gefiel der Ort so gut, daß er sich dort als Schuhmacher niederließ.

Grabstein der Familie Lupin und Hutz

Grabstein aus rotem Marmorstein der Familie Lupin und Hutz (Allianzwappen von 1507). Lupin ist der Wolf, Hutz eine Art Fledermaus. Dasselbe Wappen wie auf dem Hutzaltar, dem heutigen Hochaltar im Ulmer Münster. Inschrift: ,,AO.Dmi.MCCCCCVII (1507) jahr starb der Erbar u. Weyss Mathäus Lupin der alt uff Sambstag vor Sant Simon und Judas dess Monats XXIIII (24.) octobris. Dem Gott Gnad 1507. "Dazu ausgeführt: ,,Im Jahr 1692 unter dem Gestühl im südlichen Seitenschiff wenn man bei der Ölberg Tür hineinkommt" (also Südwestportal) aufgefunden.

Im Jahr 1415 verkaufte Kloster Allerheiligen Irmelbronn an Hans Schmid gen. Köllin in Ulm. Seine Erben veräußerten dann ihre Anteile vom Jahr1466 an untereinander, sowie an Verwandte und
Verschwägerte, nämlich ihren »Schwager« Matthäus Lupin in Ulm, den »Tochtermann« von Hans Hutz. Schließlich gelangten alle fünf Teile von Weyler, wie der Ort jetzt genannt wird, durch Erbschaft und Kauf in die Hand des Matthäus Lupin. Er war verheiratet mit Anna geb. Hutz und gehörte zur angesehenen Kaufleutezunft. Sein Grabstein aus Rotmarmor im südlichen Seitenschiff des Ulmer Münsters trägt über der Inschrift das Allianzwappen der Lupin (Wappentier der Wolf) und der Hutz (Wappentier Hundskopf mit Fledermausflügeln). Matthäus Lupin und seine Nachkommen stehen durch ihre verwandtschaftlichen Beziehungen in Verbindung mitdem »Schmid-Hutzenaltanc, dessen Flügel, von Martin Schaffner gemalt, das Wappen der Familie Hutz zeigt. (Vom Beschauer aus gesehen auf dem linken Altarflügel über dem Fensterbogen). Es handelt sich hier um den heutigen Hochaltar im Münsterchor, der als Sippenaltar Maria und ihre weitere Familie zeigt. Die beiden Schwestern der Maria, Maria Salome (links) mit ihren beiden Söhnen, denen der Vater Zebedäus-Portrait des Stifters Laux Hutz, eine Birne reicht, und Maria Kleophae (rechts) mit vier Söhnen und
Gatten Alphäus sind in zeitgenössische Standestracht gekleidet. Angehörige der Stifterfamilien sorgten beim Bildersturm von 1531 für die Sicherung ihres Altars, der damals an einem anderen Platz
gestanden hatte und nach Zwischenlagerungen im Jahr 1808 als Hochaltar ins Münster gelangte.
Die Ulmer Familie Fingerlin als Besitzer des »Fingerlinschlößles« waren Grautucher (Marner) und traten, wohlhabend geworden, im 16. Jahrhundert zur Kaufleutezunft über. Ab 1390 stellten sie
Ratsmitglieder, Oberrichter, Kirchenbaupfleger und gingen später Ehen mit Töchtern aus dem Ulmer Patriziat ein. Senator Johann Daniel Fingerlin war verheiratet mit Sibylla Rosina Neubronner, die 1715 das kunstvolle Barockgitter um den Taufstein im Ulmer Münster stiftete. Dr. Christoph Fingerlin wurde 1628 Stadtarzt und hat als solcher mehrere wissenschaftliche Schriften verfaßt.
Juliana Catharina Fingerlin heiratete Johann Conrad Kraft von Dellmensingen, Obervogt zu Leipheim, das zum Gebiet der Freien Reichsstadt Ulm gehörte. Ihm und seiner Gemahlin widmete der
evangelische Pfarrer von Leipheim, Conrad Daniel Kleinknecht, im Jahr 1737 sein Gebetbuch, das mit fünf Kupferstichen eines nicht genannten Meisters ausgestattet ist.

Und schließlich erscheint als Deputierter der Stadt Ulm neben dem Altbürgermeister Eitel Albrecht Besserer und Ratskonsulent Dr.Strohmeyer, auch Johann Daniel Fingerlin, des Geheimen Rats, beim Empfang des Bayerischen Kurfürsten Maximilian Emmanuel am 7. Januar 1689.
Die Familien Lupin und Fingerlin waren nicht die einzigen, die ab dem 14./15.Jh. Grundbesitz außerhalb der Stadt erwarben und dort ihre Sommersitze bauten, zu denen eine Landwirtschaft gehörte. Beim Umbau des Fingerlinschlößchens, heute Greutstraße 10, im Jahr 1936 trat die Jahreszahl 1415 zutage, die vermutlich das Baujahr ist. Eine alte Ansicht von 1915 zeigt dieses Schlößle mit einem zweiten Türmchen an der Nordwestecke, sowie Fachwerk im 1. Stock und Giebel.
Ein Kranz solcher Schlößchen für Sommeraufenthalt und zur Selbstversorgung vor allem in Notzeiten, umgab einst die alte Stadt. Sie prägen die Ortskerne in Bernstadt, Böfingen, Hausen, Holzheim und die Landschaft um Neubronn.
Auch in der Grafschaft der Kirchberger änderten sich die Besitzverhältnisse, denn am 19. 6. 1481 wurde ein Teil ihres Besitzes an Herzog Georg von Bayern verkauft. Aus einer Urkunde geht hervor, daß sich die »Vogtey Irmelbrunnen« im Besitz der Witwe des Michel von Freyberg, Johanna, und ihrer Kinder befand. Die Bestätigung erteilte 1493 Kaiser Maximilian, doch im selben Jahr verkaufte Johanna von Freyberg ihren Besitz, die Vogtei Irmelbrunnen »so man Weyler nennet« an Matthäus Lupin. Nach dem Bayerisch-Landshut'schen Erbfolgekrieg kam der deutsche Kaiser Maximilian 1504 in den Besitz von Kirchberg. Er verpfändete die Herrschaft dann an den Grafen Eitel Friedrich von Zollern und überließ die Auslösung des Pfandes Jakob Fugger dem Reichen, welcher 1507 die kirchbergischen Besitzungen erhielt. Das letzte Fünftel von »Weyler« ging an Matthäus Lupin, der es 1505 von Lukas Lupin und dessen Schwester erwarb.